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Biochemisches Institut

Interview mit Peter Lindner

Wie sieht ein typischer Arbeitsalltag in Ihrem Leben aus?
Das ist eine schwierige Frage! Theoretisch klingt es einfach: die Plückthun-Gruppe am Laufen halten, so reibungslos wie möglich. Da wir alle hier sind, um Wissenschaft zu 'machen', wird alles andere als 'lästig' erachtet. Dennoch setzt sich das praktische Leben aus noch einigen anderen Faktoren zusammen, wie zum Beispiel administrative Arbeiten, sich an gewisse Regeln halten (ja, sogar in der Akademie gibt es solche!), Lehre, Praktika vorbereiten, das Zusammenleben und -arbeiten einer kleinen 'Firma' von ca. 40 Individuen organisieren, um nur einige zu nennen. Unsere wirklichen Forscher, also MasterstudentInnen, DoktorandInnen und PostDocs, von all diesen Aufgaben zu entlasten, hat mich schon bald nach meiner Doktorarbeit davon abgehalten, die Pipette noch allzu oft in die Hand zu nehmen. Und dieser Job beschäftigt mich - irgendwie - den ganzen Tag!

Welche Dinge machen Sie besonders gern, welche weniger gern?
Um ehrlich zu sein, begeistert mich die pure Administration nicht wirklich. Zumindest nicht diejenige mit einem Stift in der Hand oder einer Tastatur unter den Fingern. Vielmehr sorge ich lieber dafür, dass Sachen ‚laufen’, z.B. unsere Arbeitsgruppe! Ein guter Massstab, wie gut oder weniger gut das funktioniert sind die Sorgen/Hinweise/Beschwerden, die ich pro Tag bekomme. Keine Diskussionen zu diesem Thema würden bedeuten, dass alle glücklich und zufrieden sind. Nicht dass es mir Freude macht, zwischenmenschliche Konflikte zu schlichten oder Leute daran zu erinnern, dass der gesunde Menschenverstand quasi immer und überall angewendet werden sollte, aber dennoch ist das ein wichtiger Teil meines Alltags als sogenannter ‚Labor-Manager’.
Weiterhin schätze ich es, wenn ich in Gesprächen mit Firmen-Vertretern in Bezug auf die neuesten Entwicklungen auf unserem Gebiet des ‚Protein Engineering’ aufmerksam gemacht werde.
Überaus wichtig sind mir die Kontakte zu den Studierenden, nicht nur als Dozent für diejenigen, die an der Universität die ersten Kontakte zur Biochemie knüpfen, sondern auch als Organisator von zahlreichen Praktika. Dies empfinde ich als willkommene Erfahrung in meinem sonst eher unwissenschaftlichen Arbeitsleben.
Schliesslich möchte ich einen weiteren sehr positiven Aspekt meines Lebens als ‚Senior Scientist’ erwähnen: Manchmal, wenn auch mit leicht abnehmender Tendenz, werde ich angesprochen in derjenigen Eigenschaft, für die ich eigentlich ausgebildet wurde, Biochemiker. Ich geniesse Diskussionen mit Gruppenmitgliedern oder auch Wissenschaftlern von ausserhalb über z.B. mysteriöse – oder keine – Banden auf einem Gel, seltsame peaks in Elutionsprofilen, noch nie dagewesene Entwicklungen in der OD600 oder andere tief wissenschaftliche Fragen.

Mit welcher Person auf dem Campus Irchel würden Sie gern einmal einen Tag die Arbeit tauschen?
Ehrlich gesagt, habe ich lange über diese Frage nachgedacht und muss zugeben, ich habe niemanden gefunden! Ich bin recht zufrieden mit meiner Position hier in der Arbeitsgruppe von Andreas Plückthun am Biochemischen Institut. Im Verlauf meiner Doktorarbeit habe ich recht bald realisiert, in welche Richtung ich mich nicht entwickeln will: Gruppenleiter und Professor. Jetzt, wo ich etwas mehr Einblick habe in deren (anspruchsvolle) Aufgaben und obwohl ich das akademische Umfeld sehr schätze, würde ich das mega-Portfolio an Verpflichtungen nicht in der notwendigen Geschwindigkeit, Konsequenz und Qualität schaffen. Somit bin ich sehr glücklich auf meinem ‚Mittelbau’-Niveau, wo ich mich als doch recht wichtiges Bindeglied sehe zwischen dem Studierenden-, Doktorierenden- und PostDoc-level und der Führungsschiene. Solange ich das Vertrauen von ‚unten’ und den Respekt für meine Arbeit von ‚oben’ spüre, sehe ich absolut keine Notwendigkeit mit jemand anderem zu tauschen. Ich habe das Gefühl,  meine Nische gefunden zu haben!